Junglandwirtetag 2014: „Nutzt die Chancen der Initiative Tierwohl!“

Engelchen rechts, Teufelchen links und dazwischen Schweinehalter Hendrik. So führten drei Teilnehmer des WinterKurses der Katholischen LandvolkHochschule Oesede ins Thema des diesjährigen Junglandwirtetages in Oesede ein. Die Veranstaltung, die die Junglandwirte Niedersachsen gemeinsam mit dem AK Agrar der KLJB Osnabrück und demWinterKurs Oesede ausrichteten und zu der rund 350 junge Landwirtinnen und Landwirte aus Niedersachsen angereist waren, stand in diesem Jahr unter dem Motto „Weiter denken – Schweinehalter auf dem Weg zu mehr Akzeptanz“. Hauptthema war die von Landwirtschaft und Lebensmitteleinzelhandel (LEH) geplante Initiative Tierwohl.

Teilnehmer des WinterKurses führten mit einem Sketch thematisch in den Junglandwirtetag ein.

Engelchen und Teufelchen flüstern Schweinehalter Hendrik so allerlei ins Ohr und bekunden lautstark, was sie von der modernen Schweinehaltung denken.

„Die von der rot-grünen Landesregierung angekündigte besondere Förderung der Junglandwirte ist offenbar ein reines Lippenbekenntnis“, stellte Eric Brenneke, Vorsitzender der Junglandwirte Niedersachsen, in seiner Eröffnungsrede fest. Die EU hat für die nächste ELER-Förderperiode von 2014 bis 2020 vorgesehen, Junglandwirte mit einer Existenzgründungsbeihilfe von 75.000 € zu fördern. „Minister Christian Meyer lehnt diese Maßnahme für Niedersachsen ab, obwohl die EU 80 Prozent finanzieren würde“, betonte er. Der in Brüssel beschlossene Junglandwirte-Zuschlag bei der Betriebsprämie bringe da vergleichsweise wenig. „Eine besondere Förderung der Junglandwirte stellen wir uns anders vor“, sagte der Vorsitzende.

Eric Brenneke, Vorsitzender der Junglandwirte Niedersachsen

Eric Brenneke, Vorsitzender der Junglandwirte Niedersachsen

Weiter kritisierte Brenneke die auf Bundesebene geplanten Nutzungsänderungen in den so genannten Natura 2000-Gebieten: Geplant ist ein Pflug- und damit Umbruchverbot für alle Grünlandflächen. Zudem soll der 1:1 – Tausch von Grünland und Acker verboten werden, so dass eine Neuansaat auf diesem Wege ebenfalls unmöglich wird. „Futterbaubetrieben, die auf Hochleistungsgrundfutter angewiesen sind, drohen enorme wirtschaftliche Nachteile“, brachte es Brenneke auf den Punkt. Zudem werde die Politik eindeutig wortbrüchig. Denn bei Ausweisung der Natura 2000-Gebiete wurde den Landwirten zugesichert, dass die Nutzung der Flächen nicht eingeschränkt wird.

Johannes Röring, Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV) in Münster und Schweinemäster, ist Mitglied in der übergeordneten Projektgruppe der Initiative Tierwohl. Als Veredlungspräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV) setzt er sich im Gespräch mit dem LEH für die Belange der Schweinehalter ein. Er forderte die jungen Schweinehalter auf, die Chancen der Initiative Tierwohl zu nutzen. „Jetzt haben wir als Landwirte die Möglichkeit, die freiwilligen Maßnahmen aktiv mit zu gestalten“, betonte Röring. Der Präsident prognostizierte für den Fall, dass die Initiative scheitert, dass der Bund dann einspringen und Veränderungen beim Tierschutz auf gesetzlichem Wege durchsetzen werde. Dann würden die Landwirte bei der Ausgestaltung der Maßnahmen außen vor bleiben – von einem Bonus ganz zu schweigen.

Johannes Röring, Präsident des WLV

Johannes Röring, Präsident des WLV

„Mit den geplanten Veränderungen in der Tierhaltung können wir ein Zeichen gegenüber der Gesellschaft setzen“, sagte Röring weiter. Im Gegensatz zu Markenfleischprogrammen, die ein Nischendasein fristen, ermöglicht die Initiative Tierwohl erstmals, dass alle Verbraucher, die Fleisch kaufen, an der Kasse zum Wohle der Tiere mehr bezahlen. Die Preisaufschläge liegen voraussichtlich bei 3 bis 5 Cent pro Kilogramm Fleisch. Dies sei auch der Grund dafür, dass der LEH Abstand davon nimmt, die Initiative auf einzelnen Produkten auszuloben. „An der Theke könnte es beispielsweise einmal heißen: Mit dem Kauf dieser Produkte unterstützen Sie die Initiative Tierwohl in Deutschland“, erklärte Röring.

Peter Spandau, Fachbereichsleiter Betriebswirtschaft der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen in Münster ist externes Mitglied der so genannten Kriteriengruppe der Initiative Tierwohl. In der Kriteriengruppe sind neben Vertretern des LEH und der Landwirtschaft Vertreter der Wissenschaft und der Tierschutzverbände eingebunden. Spandau war maßgeblich daran beteiligt, die Höhe der Boni für die verschiedenen Kriterien zu berechnen. Spandau gab den anwesenden Junglandwirten Hinweise, wie sie aus dem „Strauß der Möglichkeiten“ wie z.B. Flächenangebot pro Tier, Fensterfläche, Beschäftigungsmaterial etc. die für ihren Betrieb passenden herausfiltern können.

Peter Spandau, betriebswirtschaftlicher Berater der LWK NRW

Peter Spandau, betriebswirtschaftlicher Berater der LWK NRW

Weiter riet er: „Es ist wichtig, dass jeder Schweinehalter als Entscheidungsgrundlage für die Teilnahme an der Initiative berechnet, welche Maßnahme in seinem Betrieb konkret welche Kosten verursacht.“ Denn die bekannten veröffentlichten Kalkulationswerte für die Vergütung der Kriterien sind Mittelwerte, die von den einzelbetrieblichen Situationen deutlich abweichen können. Beispielhaft stellte der Experte die finanziellen Wirkungen der Maßnahmen am Beispiel verschiedener Haltungssysteme vor. „So rechnet sich ein höheres Platzangebot für Mastschweine je nach Buchtengröße und Anzahl der Tiere pro Bucht ganz unterschiedlich.“ Bei 0,75 m2 pro Schwein in einer 12er Bucht ist die Erhöhung des Platzangebotes pro Tier in der Regel ein Minusgeschäft. Anders sieht es aus, wenn die Tiere bereits vorab z.B. 0,78 m2 oder 0,81 m2 zur Verfügung haben.

Als großen Vorteil der Initiative Tierwohl sieht Spandau, dass jeder Landwirt individuell entscheiden kann, ob er teilnehmen wird oder nicht. Die Initiative ist grundsätzlich so angelegt, dass niemand ins Abseits gerät, der sich dagegen entscheidet, weil z.B. vorhandene Altgebäude die Umsetzung nicht zulassen. Abschließend erklärte Spandau, dass die Initiative Tierwohl ohne Alternative das System ist, dass die Voraussetzung liefert, mehr Tiergerechtheit im Rahmen eines Dialogs umzusetzen. Die Initiative sollte nicht schon im Vorfeld kaputt geredet werden. Sie verdiene von allen Beteiligten die Chance, im Markt vorbehaltlos starten zu dürfen.

Detlef Passeick, Kommunikationstrainer, Journalist und PR-Berater aus Detmold registriert in der Gesellschaft derzeit zwei Strömungen: Erstens eine gesellschaftliche Stimmung, die sich allgemein gegen moderne Landwirtschaft richtet – Stichworte sind Agrarfabriken und Massentierhaltung. Und zweitens eine Stimmung vor Ort, die geprägt ist von Angst vor Gestank, Lärm, Wohnwertminderung und Krankheiten. „Beide Strömungen bestärken sich in ihrer ablehnenden Haltung“, stellte Passeick fest.

Detlef Passeick, Kommunikationstrainer

Detlef Passeick, Kommunikationstrainer

Der Referent erklärte die Motivation des LEH, 100 Mio. € in die Initiative Tierwohl zu investieren, damit, dass der Handel Aussagen von Greenpeace, Peta und anderen Nichtregierungsorganisationen (NGO), die sich gegen die modere Landwirtschaft und insbesondere gegen die Tierhaltung richten, wichtiger nehme als die Gesetzeslage. „Der Handel befürchtet, dass die NGOs zum Boykott der Supermärkte aufrufen, wenn Veränderungen in der Tierhaltung ausbleiben“, sagte Passeick. Aus Sicht der Öffentlichkeitsarbeit bewertet der Kommunikationsexperte die Initiative Tierwohl durchweg positiv und sieht darin wie seine Vorredner eine große Chance für alle Beteiligten.

Mit Blick auf das Image der Landwirtschaft sagte der Berater weiter: „Die Gegner der modernen Landwirtschaft werden Sie nicht überzeugen können.“ Er gab den jungen Landwirten mit auf den Weg, mit guten Beispielen Herz und Verstand von Mitbürgern, Kunden und (noch) Meinungsneutralen zu erreichen. Deshalb ist jeder einzelne Landwirt aufgerufen, sich vor Ort zu engagieren. „Öffentlichkeitsarbeit und Imagepflege beginnen auf dem eigenen Hof“, sagte der Referent und appellierte an jeden im Saal: “Öffnen Sie sich und Ihren Hof – regelmäßig. Das schafft Vertrauen“

(v.l.) Eric Brenneke (Vorsitzender Junglandwirte Niedersachsen), Matthias Teepker (Stellv. Vorsitzender Junglandwirte Nds.), Johannes Röring, (WLV-Präsident), Katrin Carl (Stellv. Vorsitzende Junglandwirte Nds.), Detlef Passeick (Kommunikationstrainer) und Peter Spandau (Berater der LWK NRW) beim Junglandwirtetag 2014 in Oesede

(v.l.) Eric Brenneke (Vorsitzender Junglandwirte Niedersachsen), Matthias Teepker (Stellv. Vorsitzender Junglandwirte Nds.), Johannes Röring, (WLV-Präsident), Katrin Carl (Stellv. Vorsitzende Junglandwirte Nds.), Detlef Passeick (Kommunikationstrainer) und Peter Spandau (Berater der LWK NRW) beim Junglandwirtetag 2014 in Oesede

Den Abschluss des Junglandwirtetages bildete eine Podiumsdiskussion mit allen Referenten. Die beiden Schweinehalter im Vorstand der Junglandwirte Niedersachsen, Eric Brenneke und Matthias Teepker, moderierten die Diskussionsrunde, in der die Referenten die vielfältigen Fragen aus dem Publikum beantworteten.

Rede Eric Brenneke JLT 2014

Rede Röring JLT 2014

Präsentation Spandau JLT 2014

Präsentaton Passeick JLT 2014

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